Brief des Wuchtheuers an die Vorbereitenden des Meißnertreffens 2013
Liebe Bündische, die Ihr Euch mit der Vorbereitung des Meißnertreffens 2013 befaßt, mein Freund, der alte bündische Führer, und ich machen uns Sorgen. Wir hören und lesen von Verzettelungen, Dissonanzen, Streitereien, Ausgrenzungen, verzweifelter Themen- und Programmsuche. Das wäre ja wieder einmal typisch deutsch!
Schon der alte Tacitus wies auf die Neigung zur Zerstrittenheit bei den Deutschen hin. Und ich habe immer wieder feststellen müssen, daß die Deutschen zum Extremismus nach allen Richtungen hin neigen: Entweder idealisieren sie im Wolkenkuckucksheim, oder sie leiden unter abgrundtiefem Pessimismus, sind sie weltferne Romantiker oder nüchterne Naturwissenschaftler, sind sie kleinlich-genau im Detail oder verklären „Von-allem-etwas-und-nichts-richtig“, suchen sie intensiv nach der Umsetzung von Menschenrechten und Humanität oder begehen perfekt organisierte Massen- und Völkermorde, wollen sie die ganze Welt belehren oder ziehen sich ängstlich auf das eigene Heim, die Familie und sich selbst zurück.
Den Deutschen fehlt langfristig betrachtet einfach die Ausgewogenheit, das Mittelmaß. Wenn ich als antiker Grieche heute Europäer werden müßte, ich würde nicht Deutscher werden wollen, sondern vermutlich Franzose. Die sind ausgewogener, und bei denen wäre ein Meißnertreffen vermutlich keine solche schwere Geburt wie bei Euch Deutschen.
Wir, mein Freund, der alte bündische Führer, und ich, möchten Euch einige unserer Überlegungen mitteilen:
1. Hört endlich auf, verkrampft von Jugend und Jugendbewegung im Zusammenhang mit diesem Treffen zu reden. Die meisten von Euch Vorbereitenden und ein großer Teil, vielleicht die meisten Teilnehmer dieses Treffens 2013, werden Erwachsene aller Altersklassen sein. „Bündisch sein“ ist also eine schöne und wertvolle Bewegung aller Altersklassen.
2. Hört endlich auf, einzugrenzen und auszugrenzen, wer an diesem Meißnertreffen teilnehmen und wer nicht teilnehmen darf. Wer alles das Recht hat, an diesem Treffen teilzunehmen, das ist gelungen in der „Werother Erklärung“ ausgesprochen. Dazu gibt es für uns keine Alternative.
3. Hört endlich auf, krampfhaft ein Leitthema finden zu wollen, das dem von 1913 an Qualität entspricht oder es gar noch übertrifft. Solch einprägsame Formulierungen und Themen ergeben sich nur selten in der Geschichte. Die Nachkommen sollten nicht den Ehrgeiz besitzen, solche glücklichen Momente wiederholen zu wollen.
Versucht nicht, alle die Welt bewegenden Themen wie Umweltschutz, Bürgerkriege, Kindersoldaten, soziale Ungerechtigkeiten usw. in dieses Meißnertreffen zu integrieren. Nicht, daß diese Themen unwichtig wären, aber überlaßt sie denjenigen Organisationen und Bewegungen, die jeweils darauf spezialisiert sind und die sie wirkungsvoller als Ihr vertreten können.
4. Beschränkt Euch auf das, was Euer Grundthema und Euer Schwerpunkt ist, nämlich auf die bündische Romantik, ihre Werte, ihre Ziele und ihren Erhalt in der sich wandelnden Zukunftswelt.
Bereitet deshalb nur ein offenes Meißnertreffen ohne ein großartig formuliertes Leitthema vor, aber mit einem Leitziel, nämlich, die Werte und Schönheiten der bündischen Bewegung zu schärfen, zu stärken, zu bewahren und in der sich wandelnden Zukunftswelt weiterhin erlebbar zu machen.
Jeder Bund könnte zu diesem Leitziel seine speziellen Gewichtungen und Vorschläge ausarbeiten und darstellen. So ergäbe sich dann eine bunte Palette von Vorschlägen, die das Transponieren der bündischen Werte und Ziele in die Zukunftswelt erleichtern würden.
Vermeidet, daß vor lauter Differenzen und Dissonanzen das Meißnertreffen 2013 letztlich nur eine große „bündische Party“ wird, bei der sich dann statt einiger hundert Teilnehmer, wie auf den großen jährlichen Singetreffen, 2000 oder 3000 Bündische an ihren wilden Dröhngesängen berauschen.
Wuchtheuer und der alte bündische Führer im März 2012
peter wuchtheuer am 09. März 12
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